Gefährlicher "Chemieschlamm" im Klybeckquartier?

Untersuchungen belegen, dass es im Klybeck bis heute keine Hinweise auf Chemiemülldeponien gemäss Altlastenverordnung gibt, die für Mensch und Umwelt eine unmittelbare Gefahr darstellen.

Das Klybeck hat eine bewegte Geschichte

1895 legte der Grosse Rat das Strassennetz fest und bestimmte, dass alle Strassen über der Hochwassergrenze der Wiese erstellt werden müssen. Die Strassen wurden auf Dämmen errichtet und das Land rechts und links davon wurde als Platz für Schuttablagerungen aus der Stadt vorgesehen. Im Zuge dieser Nutzbarmachung des Überschwemmungslandes im Delta von Wiese und Rhein zwischen 1885 und 1920 wurde das Gebiet grossflächig mit Aushub, Bauschutt, Haus- und Gewerbeabfällen, Abfällen aus der chemischen Industrie (nur auf einige Orte beschränkt), Ofenschlacken usw. um zwei bis fünf Meter aufgefüllt. Diese Auffüllungen sind heute noch flächendeckend vorhanden.

Dem Amt für Umwelt und Energie (AUE) sind im Kleinbasel aber keine Chemiemülldeponien gemäss Altlastenverordnung bekannt. Hingegen ist dokumentiert, dass sich unmittelbar angrenzend an einzelne Produktionsbauten der ehemaligen Ciba neben den üblichen Bauschutt- und Schlackenablagerungen auch Rückstände aus der Farbstoffchemie befinden. Diese liegen mehrheitlich in der Auffüllung des Altrheinarmes und auf der ehemaligen Klybeckinsel. Sie wurden in diesem Bereich bereits im Jahr 1980 beim Bau des Kläranlage-Hauptsammelkanals angetroffen und in diesem Zusammenhang als „Chemieschlamm“ bezeichnet.

Das heisst, das AUE hat bis heute keine Hinweise darauf, dass im Klybeck ausserhalb der genannten Altrheinauffüllung Abfälle aus der chemischen Produktion abgelagert wurden.

Grundwasseruntersuchungen 2003-2018

Die vom Kanton im Juli 2003 veranlasste technische Untersuchung ergab, dass das Werkareal in der Nähe des Rheins grossflächig belastet, jedoch nicht sanierungsbedürftig ist. Bei den Abfällen aus der chemischen Industrie handelt es sich mehrheitlich um verschmutzte Schlacken, Brandrückstände, chemisch-metallische Abfälle und Filterrückstände aus der Farbstoffproduktion. Das beschriebene Material ist als stark belastet zu klassieren. Bei den als „Chemieschlamm“ bezeichneten Standorten hat der Kanton die Bohrprofile untersucht. Bis zu einer Bohrtiefe von sechs Metern finden sich dort vorwiegend Bauschutt, Abbruch- und Aushubmaterialien, durchsetzt mit schwarzen, schlammartigen Abfällen aus der Farbstoffproduktion. In den Grundwasserproben fand sich ein teilweise erhöhter Gehalt an diversen Schadstoffen, von denen jedoch keiner den Konzentrationswert der Altlasten-Verordnung (AltlV) überschreitet. Aufgrund der festgestellten, teilweise starken Verunreinigungen in der Bodenzone oberhalb des Grundwassers sind einzelne Standorte als „überwachungsbedürftig“ beurteilt worden. Dies, um schädliche Einwirkungen auf die Umwelt frühzeitig erkennen zu können.

Gestützt auf diese Ergebnisse der technischen Untersuchung wurde ein Grundwasser-Überwachungsprogramm erstellt, welches in der Regel jährlich durchgeführt und dem AUE zur Genehmigung eingereicht wird. Die letzte Untersuchung wurde im Jahr 2017 durchgeführt. Bei der festgestellten Chrom-VI-Verunreinigung wurden vom AUE weitere Detailuntersuchungen (vierteljährliche Messungen) veranlasst, um das Ausmass und die räumliche Verbreitung besser eingrenzen zu können.

Grundwassermessungen des AUE

Das AUE hat im Jahr 2018 im Bereich der drei als Chemieschlamm bezeichneten Standorte zusätzliche Messungen durchgeführt. Insgesamt wurden sechs Standorte beprobt. Die Auswertung der Resultate bestätigt die Messungen von 2003. Die Proben wiesen teilweise erhöhte Werte für Chrom VI und Arsen sowie für Bromid und Blei auf. Es wurden jedoch keine Konzentrationswerte überschritten. Aus Sicht des AUE besteht somit zurzeit kein akuter Handlungsbedarf.

Geht für Mensch und Umwelt von diesem „Chemieschlamm“ eine Gefahr aus?

Gemäss den Berichten, welche dem AUE vorliegen, geht von den angetroffenen Konzentrationen im heutigen Zustand keine unmittelbare Gefahr für Mensch und Umwelt aus. Der grösste Teil der belasteten Arealfläche ist versiegelt. Die gut wasserlöslichen Schadstoffe wurden bereits vor Jahrzehnten in grösseren Mengen ausgewaschen und sind heute nicht mehr nachweisbar. Die im Abstrombereich der Werkareale vom Kanton kürzlich durchgeführten Grundwasseruntersuchungen zeigen, dass auch heute noch im Auffüllmaterial Schadstoffe gefunden werden, allerdings in Konzentrationen, die für Mensch und Umwelt nicht gefährlich sind. Spielende Kinder sind auf dem Spielplatz und beim Schulhaus Ackermätteli nach heutigem Kenntnisstand keinem Risiko ausgesetzt.

Was geschieht mit der Belastung im Boden?

Gemäss Altlastenverordnung dürfen belastete Standorte nur bebaut oder verändert werden, wenn sie dadurch nicht sanierungsbedürftig werden (z.B. bei Entsiegelung) oder wenn gleichzeitig mit dem Bau eine Sanierung vorgenommen wird. Wird also im Rahmen von Bauvorhaben die Oberflächenversiegelung aufgebrochen, muss einer möglichen Schadstoffaustragung ins Grundwasser durch geeignete Massnahmen vorgebeugt werden. Gleichzeitig muss ein Entsorgungs- bzw. ein Sanierungskonzept ausgearbeitet werden, sofern die Bautätigkeit eine Sanierungspflicht auslöst.

Bei Baumassnahmen im gesamten Gebiet der Auffüllung Klybeck wurden und werden daher in der Baubewilligung strenge Auflagen gemacht, die sicherstellen, dass der Aushub vorgängig untersucht und korrekt entsorgt wird und dass es durch die Baumassnahmen nicht zu einer Belastung des Grundwassers und der Umgebung kommen kann. Das belastete Material wird somit erst bei allfälligen Bauarbeiten ausgehoben und ordnungsgemäss entsorgt.

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